Ulf K.
Die Poesie des Sisyphos

15. bis 18. Juni 2006

Öffnungszeiten: Do 12–19, Fr/Sa 10–19, So 10–18 Uhr
Großer Saal
Kongresszentrum Heinrich-Lades-Halle

Bringt mir den Mond! Vielleicht hätte Albert Camus’ philosophischer Dramen-Kaiser Caligula den Wunsch an Ulf Keyenburg richten sollen. Dann wäre die Geschichte seines Widerstandes gegen die absurde Welt nicht so grausam und tragisch ausgegangen. Ulf Keyenburg hätte ihm den Mond mit seinem Zeichenstift vom Himmel geholt. Und Caligula hätte womöglich geweint und wäre erlöst worden.
Ulf Keyenburg zeichnet seine Arbeiten mit Ulf K., und für diese Arbeiten ist er auf dem 11. Internationalen Comic-Salon Erlangen 2004 als „bester deutschsprachiger Comic-Künstler“ mit dem Max und Moritz-Preis geehrt worden. Er wurde 1969 in Oberhausen geboren und lebt meist in Düsseldorf, denn in Paris hat er sich einst unbehaust gefühlt. Sein Universitäts-Abschluss (Fach: Kommunikationsdesign) ist ihm wichtig, denn er hat Angst, sonst immer „Männchen für eine Anzeigenkampagne“ entwerfen zu müssen. Andererseits hat er eine Reihe mit Editionen seiner Werke „collection ubu imperator“ genannt. Mit Alfred Jarrys groteskem Stück „Ubu Roi“ begann alles Theater des Absurden, und Max Ernst hat der Titelfigur als Imperator ein surrealistisches Denkmal gesetzt.
Angesichts des Werks von Ulf K. fallen schnell Begriffe wie „poetisch“, „romantisch“, „melancholisch“. Vielleicht weil er gern von Helden erzählt, die mit diesen Begriffen geschlagen sind: von Clowns, von Musikern, von Verliebten, vom Tod. Er erzählt von ihnen mit klaren Linien, mit karikierenden Charakterisierungen, meist in den Farben Schwarz und Weiß. Wobei ihm das Schwarz oft sehr dicht in die Fläche gerinnt und die Welt abschottet, wie ein eiserner Vorhang. Dann malt er aber weiße Sterne drauf oder eben einen Mond, den man einfangen kann. Manchmal taucht er seine Szenen auch in Duochrom. Und wenn er Farben benutzt, dann sind sie eher stumpf und nachtverwandt, als glühend.
Was heißt das denn: poetisch, romantisch, melancholisch? Es heißt, dass Ulf K. die materiellen Reproduktionsmechanismen zum Überleben des Individuums kaum interessieren. Er erzählt nicht von Menschen im Supermarkt oder in der Fabrik. Nur der Tod wird immer wieder bei der Arbeit gezeigt. Aber dem Tod von Ulf K. fällt diese Arbeit nicht leicht, und manchmal misslingt sie auch. Der Zeichner stellt seinen Lesern lieber Menschen vor, die – wie Caligula – nach dem Unmöglichen greifen. Und die zeigt er lakonisch, oft ohne Text, wie sie siegen, wie sie scheitern. Doppelgleisig erzählt die Geschichte „An einem Freitag Abend“ davon: In der oberen Bildreihe von einem Paar, dessen Abend in Leidenschaft gelingt, in der unteren von einem anderen, das auseinander geht. Im letzten Panel sind beide Männer allein, auch wenn in der Sprechblase des einen ein Vogel zwitschert und die des anderen ein gebrochenes Herz zeigt. Das ist es, worum es Ulf K. in seinen Bildern geht, die stets den Raum der Einsamkeit um die Protagonisten schlagen: Um das Weitermachen, Weiterlachen, Liebe suchen, den Tod treffen trotzdem. Obwohl die Welt absurd ist. Das ist die Poesie des Sisyphos in den Comics des Ulf K.
Herbert Heinzelmann

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