Karlien de Villiers - Meine Mutter war eine schöne Frau
Eine Kindheit in Südafrika

15. bis 18. Juni 2006

Öffnungszeiten: Do 12–19, Fr/Sa 10–19, So 10–18 Uhr
Empfang mit Karlien de Villiers:
Donnerstag, 15. Juni, 19 Uhr
Kunstmuseum Erlangen e. V.

So sehr ist der Comic als Literatur akzeptiert, dass er zunehmend ein literarisches Subgenre in sich aufnimmt: die Autobiografie. Um nur einige wichtige Titel aus den letzten zwei Jahren zu nennen, die vom Leben ihrer Autoren erzählen: „Blankets“ und „Tagebuch einer Reise“ von Craig Thompson, „Held“ und „Sag was“ von Flix, „Mutter hat Krebs“ von Brian Fies und selbstverständlich Marjane Satrapis Erfahrungsberichte über ihre Kindheit und Jugend im Iran und auf der Flucht – „Persepolis“.
Es ist wohl nicht despektierlich, wenn man Satrapi als Vorbild von Karlien de Villiers vermutet. Die Südafrikanerin gestaltet vor allem Figuren in ähnlicher Reduktion und grafischer Verknappung. Sie betont die naive Perspektive allerdings noch mehr, zitiert die Wiedergabe der Welt aus dem Gestaltungswillen eines Kindes. In ihrem ersten Album „Meine Mutter war eine schöne Frau“ erzählt sie vor allem ihre eigene Kindheitsgeschichte. Sie erzählt sie als Rückerinnerung der erwachsenen Frau aus dem Jahr 2000 ins Geburtsjahr 1975. In Kapstadt kam sie zur Welt. Interessant: ihr Selbstporträt als Frühgeburt neben drei Pfundpaketen Butter, mit denen sie ihr damaliges Gewicht veranschaulicht. Denn da wird eine zweite Inspirationsquelle deutlich. De Villiers Grafik gleicht nicht nur Kinderzeichnungen, sondern auch Votivbildern, wie sie vor allem Frida Kahlo in die bildende Kunst integriert hat. Panels, durch die afrikanische Naturdämonen als Zeichen der Angst kriechen, oder ein Zimmerbrand mit der Nachttischlampe als flammende Monstranz im Zentrum greifen auf diese Tradition zurück.
Anders als bei Satrapi spielen satte, ungemischte Farben bei de Villiers eine Rolle. Ihre Welt leuchtet unter dem Himmel Südafrikas. Und die private Geschichte einer Scheidungskindheit unter dem Schatten des frühen Krebstodes der Mutter läuft parallel zur politischen Geschichte der Republik am Kap. Der Kampf gegen die Apartheid wird nicht betont; er geschieht, von den Kindern fast unbegriffen. Der Wandel dieser Republik wird beinahe ausgespart. Nur sind die Dinge anders geworden, als die junge Frau im Jahr 2000 aus London in ihre Heimat zurückkehrt. Aber auch dann überwiegen für sie die privaten Probleme.
Karlien de Villiers hat an der Universität von Stellenbosch Graphic Design studiert und ihre ersten Arbeiten in dem Magazin „Bitter Comics“ publiziert. Sie lebt in Pretoria. Der Internationale Comic-Salon Erlangen präsentiert ihre grafische Erinnerungsarbeit nach dem Schweizer Festival „Fumetto“ erstmals in Deutschland.
Herbert Heinzelmann

Eine Ausstellung des Internationalen Comic-Salons Erlangen in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Erlangen e.V.

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